Turbonachrüstung, Traum o. Wirklichkeit
Es soll hier vorrangig um die “Turbo Nachrüstung” gehen (W-50/L-60).
Versuche mit W-50/L-60 Turbomotoren hatten in der Vergangenheit kluge Ingenieure in verschiedenen Firmen durchgeführt. Kurzzeiterfolge gab es wohl, doch die Langzeiterfolge in der realen Arbeitswelt blieben aus, oder diese endeten mit Motorschäden. Gründe dafür waren fast immer Materialprobleme, d.h. es mangelte an den speziellen Materialien z. B. den “Ferrotherm- Kolben” (Firma: “Mahle” aus Stuttgart).
Nach meinen Recherchen existieren hier u. da noch ausgebaute L-60 Motore, jedoch alle mit Motorschäden.
Beispiel: Ein landwirtschaftlicher Reparaturbetrieb (KFL), hatte damals, 2 LKW’s W-50 mit einer professionellen Turbo Nachrüstung unter realen Bedingungen im Einsatz. Diese 2 Erprobungen endeten, nach kurzer Zeit, mit Motorschäden, d.h. alle Standard Kolben wurden wegen zu hoher Brennraumtemperaturen durch Löcher im Kolben zerstört. Daraufhin wurden die 2 Motore repariert, d.h. neue Kolben u. Laufbuchsen eingebaut, Einspritzdüsen- Drücke wieder reduziert und die gesamte Turbo Nachrüstung abgebaut. Der Traum vom Turbo war damit ausgeträumt und erneute Versuche fanden in dem Betrieb nicht mehr statt.
Wenn man die älteren Schlosser in dieser Werkstatt nach den IFA Turbo’s von damals befragt, dann reagieren sie allergisch. Sie können das Turbo Thema nicht mehr hören. Sie wussten, dass das Thema Turbo damals technisch sehr wohl realisierbar war, jedoch stets am speziellen Material scheiterte. Nach der Wende war das Thema IFA für die Motorenhersteller der Marktwirtschaft nicht von Interesse, denn die wollten ihre Motore und keine IFA Motore verkaufen.
Wer heute unbedingt einen Turbomotor will, der sollte einen kompletten Turbomotor der deutschen Markenhersteller wählen. Mit ca. 15.000,- Euro ist man mit dabei, für einen Turbomotor. Firma Rabold in Thüringen (www.robold-landmaschinen.de) baut den MAN Turbomotor mit Ladeluftkühlung (bis 270 PS) in den LKW L-60 ein. Das sind L-60, die weiterhin in der Landwirtschaft genutzt werden. In dem Fall ist es ein kompletter und erprobter Turbomotor, also hier keine Turbonachrüstung.
Bemerkung:
Heute ist eine Turbo “Nachrüstung” beim Standard Motor des W-50/L-60 technisch kein Problem. Alle speziellen Materialien sind erhältlich. Der Änderungsaufwand ist jedoch sehr hoch und damit unwirtschaftlich, d.h. Aufwand und Nutzen steht absolut in keinem Verhältnis. Beim W-50 ist der Aufwand geringer als beim L-60.
Es reicht nicht aus, nur einen Turbo nachzurüsten und sich dann an dem “Pfeifen des Turbos zu erfreuen”. Es gehört mehr dazu. Man braucht für eine W-50/L-60 Turbo Nachrüstung, neue spezielle “Ferrotherm- Kolben”, neue Zylinderlaufbuchsen, höhere Einspritzdrücke an den Einspritzdüsen, höhere Motorkühlleistungen (Wasser /Öl), grösseren Luftfilter, Abgassytem, usw.. So sollte es sein, wenn die Turbo Nachrüstung richtig realisiert wird und im Dauerbetrieb erfolgreich sein soll.
Beim Turbomotor, entstehenden höhere Brennraumtemperaturen. Nur die Ferrotherm- Kolben sind temperaturbeständig und für diese höheren Temperaturen ausgelegt. Die Standardkolben im W-50/L-60 sind dafür nicht ausgelegt.
Es ist also ähnlich wie beim 100 % Rapsölbetrieb, dort entstehen auch höhere Brennraumtemperaturen. Auch hier sind dann ebenfalls andere Kolben und höhere Einspritzdrücke erforderlich. Noch vor wenigen Jahren gab es Berichte über LKW’s grosser Speditionen die Löcher im Kolben hatten. Man ist dort mit 100 % Rapsöl gefahren, hat aber nicht die richtigen Kolben verwendet.
Beim 100 % Rapsölbetrieb ist Euro 3 “möglich”, wohlgemerkt “möglich”.
Wiederum über gute Erfahrungen hatte ich berichtet, beim 50 % Rapsöl- zu 50 % Dieselbetrieb “nur im Sommerhalbjahr” mit Traktoren, bei einem Rapsölproduzenten. Nur bei ihm hat sich die Sache wirklich gerechnet und wird sich auch weiterhin rechnen.
Doch will ich wieder auf das Thema Turbonachrüstung zurück kommen.
Besonderheiten beim L-60:
Beim L-60 gibt es die Empfehlung, andere Zylinderköpfe, Einspritzdüsenstöcke,
Einspritzdüsen usw. einzusetzen. Grund ist ein anderer Einspritzwinkel und der Einsatz von 4 Locheinspritzdüsen. L-60 “Hobbyfahrer” müssen der Empfehlung nicht folgen, es geht auch mit den normalen Zylinderköpfen und Einspritzdüsenstöcken.
Der Einbau einer stärkeren Kupplung ist sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Die Achsen sind robust und unkaputtbar. Von den L-60 mit Werksturbomotoren soll es nur noch sehr wenige geben. Zu diesem “Ausnahmefall” gibt es wenige brauchbare Berichte. Bekannt ist ja, dass die L-60 Turbomotore nie in Serie gegangen sind.
Einige IFA Fahrer träumen von einer Turbonachrüstung.
Meiner Meinung nach gibt es zum Thema Turbo “zu wenig klare Informationen” über die Risiken u. die hohen Umbaukosten.
Berichte dazu sind zu allgemein und es fehlen die Langzeitberichte von den Motor- Fachspezialisten.
Die “Ladeluftkühlung” trägt zur Senkung der Brennraumtemperaturen bei und führt zur Verbesserung der Abgaswerte. Ladeluftkühlung ist aus meiner Sicht ein “muss”. Darüber kann ja noch diskutiert werden, ebenso über Euro Norm und Tüv-Prüfung danach.
Wer das Ziel hat ein Oldtimergutachten für den IFA zu bekommen, sollte beim Motor Originalzustand bleiben, laut den Kfz-Papieren.
Schlussbemerkung:
Die Infos im Beitrag sind nicht alles meine Erfahrungen. Nein, vielmehr ist es eine Zusammenstellung aus mehreren Gesprächen mit erfahrenen IFA Schlossern, die ich bereits im Jahr 2009 zum Thema Turbo konsultiert hatte. Ich wollte es ganz genau und aus erster Hand wissen.
Das Thema passt jetzt ideal zu einem anderen Turbo Beitrag hier im Forum.