Durchgang Fahrerhaus-Koffer, Sinn o. Unsinn

  • Durchgang Fahrerhaus-Koffer für LKW Wohnmobil, Sinn oder Unsinn?
    Aus gegebenem Anlass möchte ich zu dem Thema etwas schreiben.
    Auf den vergangenen LKW Treffen hat man immer wieder LKW’s mit einem Durchgang vom Fahrerhaus zum Wohnmobilkoffer gesehen. Ich sage, es ist eine Schande einen LKW mit so einem Durchgang vom Fahrerhaus zum Koffer dauerhaft zu verunstalten.
    Der Durchgang ist nicht erforderlich.


    1.)Im Zulassungsverfahren gilt EU-Recht und die EU-Vorschrift definiert folgendes:
    “Wohnmobil”: ein Fahrzeug der Klasse M mit besonderer Zweckbestimmung,
    das so konstruiert ist, dass es die Unterbringung von Personen erlaubt und mindestens die folgende Ausrüstung umfasst:
    -Tisch und Sitzgelegenheit,
    -Schlafgelegenheiten, die unter Umständen tagsüber als Sitze dienen können,
    -Kochgelegenheit,
    -Einrichtungen zur Unterbringung von Gepäck und sonstigen Gegenständen.
    Diese Ausrüstungsgegenstände sind im Wohnbereich fest anzubringen, mit Ausnahme des Tisch’s, der leicht entfernbar sein kann.


    Hier steht nichts von einem Durchgang vom Fahrerhaus zum Wohnmobilkoffer.
    Wer seinen LKW von der Bezeichnung LKW im Nah-/ Fernverkehr, Kipper, Feuerwehr, usw. als “Sonder Kfz. Wohnmobil” umschreiben lassen will, der fällt unter das Zulassungsverfahren nach EU-Recht, d.h. kein Durchgang erforderlich.


    Es gibt aber eine kleine Besonderheit.
    Wenn die mitzunehmenden Personen alle im Faherhaus Platz finden, beim LKW L-60 sind das 3 Personen (incl. Fahrer), dann ist alles in Ordnung, d.h. kein Durchgang erforderlich. Jetzt werden aber durch den LKW Besitzer zusätzliche Sitze und Sicherheitsgurte im Wohnmobilkoffer eingebaut, um weitere Personen während der Fahrt mitzunehmen. Ab diesem Moment ist das EU-Recht nicht mehr anwendbar, da der LKW Besitzer den Wohnmobilkoffer nicht mehr nur zur Unterbringung von Personen (auf dem Campingplatz) sondern auch zum Personentransport im Wohnmobilkoffer nutzen will.
    Mit dieser Massnahme hat sich der LKW Besitzer selbst die Rute vor den Hintern gebunden, denn ab jetzt, sind die EU- Bedingungen ausser Kraft gesetzt. Will man während der Fahrt weitere Personen im Wohnmobilkoffer befördern, ab dann wird ein Durchgang gefordert, das ist richtig so. Die Ursache hat hier der LKW Besitzer selbst gesetzt und der Tüv reagiert nur auf das Ergebnis und fordert dann einen Durchgang.


    Für die Zulassung als “Sonder Kfz. Wohnmobil” sollte man sich einen Termin bei einem LKW Tüv Prüfer geben lassen, weil diese Leute sich auf ein Gebiet, den PKW oder LKW Bereich spezialisiert haben. Bei Zahnschmerzen geht man ja auch zum Zahnarzt und nicht zum Augenarzt.
    Ich arbeite nicht für den Tüv, aber ich habe mich zuvor mit einem LKW Tüv Profi abgestimmt, damit der Bericht realistisch ist.

  • Ja genau Felix, ???
    Hallo Walter,
    folgendes:
    Ich hab mir letztes Jahr einen W50 Irak Koffer gekauft, der ist mit 8 Personenzulassung. Davon waren 6 Plätze im Koffer (2x Barkasbänke ohne Gurte). Im Schein steht SoKfz WOMO. ohne Durchgang!
    So, nun haben wir einen kleinen Sohn, 2 Jahre. Der findet den W50 auch toll, kann aber leider nicht alleine im Koffer bleiben während der Fahrt. Also Halterung für den Kindersitz gebaut und auf den Motortunnel montiert. Alles Spitze. Polizei sagt nix, weil nicht steht, wo die 6 Personen sitzen müssen/dürfen.
    Jetzt kommt im April ein kleines Schwesterchen, das aber auch mit möchte. Ich tausche den W50 auf keinen Fall, nur weil dieser original nur 2 Plätze hat. Ich möchte mit ihm mit der ganzen Familie unterwegs sein!!!!
    Da muss man sich etwas einfallen lassen...
    Und das ging so:
    Sehr schweren Herzens ein Loch in das Fahrerhaus und in den Koffer (ca 1mx 80cm) geschnitten. -- Ich finde das Zerschneiden der guten alten Stücke auch nicht schön, geht aber nicht anders. --
    Hinter das Loch zwei VW T5 Drehsitze montiert, die haben Gurte und ISOfix, für die Kindersitze.
    So können alle im W50 mitfahren, und das auch recht sicher, finde ich.
    Glaub mir, wenn wir zu zweit wären, wäre der W50 original geblieben.
    Also deine Aussage "Schande" bitte nochmal überdenken !!!


    Gruß Christian

  • Also mir tut es auch weh wenn die alten Laster " versaut " werden. Aber einen Durchgang zum Koffer, fällte da nicht unter.
    Meistens sind es nur kleine Zwischenräume, die da überbrückt werden und wie Christian schon geschrieben hat müssen auch mal mehr Leute wegkommen. Diese veränderungen sind doch, mal ehrlich, eigentlich nur schwer zu erkennen.
    Schlimmer sind doch die auf US-Truck getrimmten Ural oder Krass. Auch einen S 4000 oder H6 nach US manier. Das ist S C H A N D E!!!!!!

    { mein IFA macht keinen Feinstaub, es kommen ganze Stücke )

  • Moin,


    also ich habe mal folgendes Recherchiert:


    Es handelt sich bei der von Walter angesprochenen Vorschrift um die folgende:


    Richtlinie 2001/116/EG der Kommission vom 20. Dezember 20 zur Anpassung der Richtlinie 70/156/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger an den technischen Fortschritt


    Es ist also eine Richtlinie und keine Verordnung!!!


    Wikipedia definiert den Unterschied zwischen Richtlinie und Verordnung recht deutlich. Und zwar hier: [WIKI]Richtlinie_EU[/WIKI]


    Dort heißt es unter Anderem:


    Richtlinien, die Gesetzgebungsakte sind, werden in der Regel auf Vorschlag der Europäischen Kommission vom Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gemeinsam erlassen. In bestimmten Fällen sind jedoch besondere Gesetzgebungsverfahren vorgesehen. Es bleibt den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, wie sie die Richtlinien umsetzen. Sie haben also bei der Umsetzung der Richtlinie einen gewissen Spielraum. Wenn die Richtlinie allerdings die Einführung konkreter Berechtigungen oder Verpflichtungen verlangt, muss das nationalstaatliche Recht, das ihrer Umsetzung dient, entsprechend konkrete Berechtigungen oder Verpflichtungen begründen. Nach deutschem Recht ist deswegen zur Umsetzung in der Regel ein förmliches Gesetz oder eine Verordnung erforderlich. Im Gegensatz zu EU-Richtlinien sind EU-Verordnungen unmittelbar wirksam und verbindlich und müssen nicht durch nationale Rechtsakte umgesetzt werden.


    Das bedeutet das diese Richtlinie zwar den gültigen Rechtslaut enthalten kann aber dennoch ein nationales Gesetz die Umsetzung in unserem Staat regelt und definiert. Und dieses Gesetz steht dann über der Richtlinie in seiner Gewichtung.



    Entsprechend diesem Gesetz wird in dem Fall das Sitzplätze die während der Fahrt verwendet werden also folgendes verlangt:


    ....5.3 Verständigungsmöglichkeiten mit dem Fahrzeugführer Eine direkte akustische Verständigungsmöglichkeit vom Wohnteil aus mit dem Fahrzeugführer muß gegeben sein, wenn sich im Wohnteil Sitzplätze befinden, die während der Fahrt besetzt werden dürfen. Dabei ist z.B. eine Gegensprechanlage auch als direkte akustische Verständigungsmöglichkeit anzusehen. Ein "Sichbemerkbarmachen" nur mit optischen oder akustischen Signalen ist nicht ausreichend.


    und:


    5.5 Fluchtwege Von allen Sitzen im Wohnmobil müssen Fluchtmöglichkeiten über zwei voneinander unabhängige Fluchtwege vorhanden sein, die sich nicht auf derselben Fahrzeugseite befinden dürfen. Als Fluchtwege gelten Notausgänge (Türen und Notausstiege (Fenster, Luken, Klappen). Notausgänge müssen sich nnach außen öffnen und eine lichte Öffnungsfläche von mindestens 0,65 m2 haben bei einer Mindestbreite von 0,5 m und einer Mindesthöhe von 1 m. Notausgänge müssen sich von innen öffnen lassen, auch wenn sie von außen verschlossen wurden. Der Öffnungsmechanismus für Innentüren muß von beiden Seiten betätigt werden können. Notausstiege müssen sich nach außen öffnen oder horizontal verschieben lassen und eine lichte Öffnungsfläche von mindestens 0,25 m2 haben bei einer Mindestbreite und einer Mindesthöhe von jeweils 0,4 m. Vorgesehene Notausgänge und Notausstiege müssen als solche gekennzeichnet sein.


    (Entnommen aus folgendem Link: Quelle)


    Das veranlasste also viele LAK Besitzer, die Ihr Fahrzeug als WoMo zulassen wollten und keinen Koffer mit den begehrten Dachluken hatten, sich Gedanken über diesen zweiten, notwendigen Ausstieg zu machen. Praktischerweise legten sich viele dann gleich einen Zugang zum Fahrerhaus und erfüllten somit die Vorschriften und sich selbst dem Wunsch nach etwas mehr Comfort. Bis hin zu praktischem Nutzen und persönlicher Sicherheit ist mit diesem Durchgang für jeden der ihn sich schafft etwas verbunden. Es gab hier mal im Forum einen Bericht nachdem bei einer Expedition ungebetene Gäste an den Koffer klopften und der Fahrer sich der Situation durch nach vorn krabbeln und einfach losfahren entziehen konnte. Dies hat mit Sicherheit mindestens materiellen Schaden verhindert.
    Und die Praxis einen Durchgang zu schaffen hat sich dann wohl auch bei den "Nicht-LAK-ohne Luke"-Besitzern verbreitet.


    Walter hat natürlich recht wenn aus rein WoMo-Bau-Sicht das alles nicht notwendig ist wenn man keine zusätzlichen Plätze im Koffer wünscht und braucht.
    Wer sich den Durchgang baut hat sicherlich auch nicht einhundert Prozent nur "historisch-authentisches" Interesse an seinem Fahrzeug. Er möchte es auch "nicht-historisch" nutzen.
    Urlaub, Expedition - ja selbst das Schlafen und Wohnen auf Oldtimertreffen im Fahrzeug mit gewissen Vorzügen zählt ja aus meiner Sicht zu den "nicht-historischen" Vorgängen.


    Schönen Tag euch Allen


    UPSMann

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von UPSMann ()

  • danke, für die wirklich guten Antworten zum Thema.
    So stelle ich mir eine gute Diskussion vor.
    Vielleicht darf ich an dieser Stelle noch einmal sagen, wir müssen in diesem Forum nicht immer die gleichen Ansichten haben, auch positive Kritik bringt uns weiter. Ich akzeptiere die Meinungen anders denkender Forums Mitglieder.
    UPS mann hat Recht, mit einer Wechselsprechanlage oder anderer akustischer Möglichkeiten kommt man auch umhin und muss nicht das Fahrerhaus und den Koffer für einen Durchgang aufschneiden.
    Ich denke immer daran den Originalzustand des LKW's weitestgehend zu erhalten. Bei einem späteren Oldipass bringt jede Abweichung vom Originalzustand Abzüge in der Bewertung des LKW's, das sollte man schon frühzeitig bedenken.
    Gruss

  • Hallo Walter,
    ich bin auch daran interessiert den W50 zumindest von außen weitest gehend original zu erhalten. Aber in unserer Situation ist es leider nicht anders möglich, man muss halt hier und da Kompromisse machen. Auch einen 2. Tank werde ich verbauen. Der kommt auf die linke Seite. Aber original W50. So sieht er zumindest nicht verpfuscht aus. Und ich gebe mir auch größte die ganzen Umbauten auch so ordentlich und gewissenhaft wie möglich durchzuführen.
    Sei es drum, falls meiner irgendwann keinen Oldi Pass bekommen sollte, ist es auch nicht weiter wild. In erster Linie möchte ich ein robustes WOMO für die Familie welches Allrad hat, groß ist, relativ Kosten günstig, einfach zu reparieren und im Falle auch wüstentauglich. Wir haben 5 Jahre hin und her gesucht, sind aber immer wieder zum W50 gekommen... Und jetzt möchte ich ihn auch nicht mehr weggeben.


    Wie Du schon sagst, andere Leute haben da evtl. andere Sichtweisen, z.B. Sammler etc.


    Gruß Christian

  • Ich glaube, mit historisch sollte man auch auf dem Teppich bleiben 8). Sonst wären wohl einige Fahrzeuge nicht mehr vorhanden.
    Wenn ich z.B. meine Zil innen im Originalen Zustand ( Wartungsstation und nicht vollständig ) hätte erhalten sollen ?(, wäre das Auto für mich uninteressant. Ich habe kein Museum und der LKW muß als Hobby auch ein wenig Nutzen ?(haben ( wenn man bei Hobby davon reden kann ). Wozu soll ich sonst ein Fahrzeug haben und auf Veranstalltungen fahren, wenn ich 50L / 100 Km Benzin brauche und zum schlafen im Zelt auf der Erde liege oder ein Womo extra dazu brauche ?( ?(.

    { mein IFA macht keinen Feinstaub, es kommen ganze Stücke )

  • Also ich brauch keinen Durchgang um die 4 Sitzplätze im Koffer eingetragen zu bekommen. Ist alles von Anfang an mit dem TÜV abgesprochen.

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