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Wegen des Wirtschaftsbooms können sich Fuhrunternehmer vor Aufträgen kaum retten, zugleich gehen immer mehr Fahrer in Rente - und immer weniger Menschen auf Jobsuche.
- In den USA werden 70 Prozent aller Waren auf der Straße transportiert - entsprechend viele Trucker braucht das Land.
- Das Interesse an dem Beruf ist gering: 50 000 Lkw-Fahrer werden derzeit gesucht.
- Der Mangel gefährdet nicht nur die Konjunktur, er lässt auch einen jener Mythen zerbröseln, die das Land groß machten.
Von Claus Hulverscheidt
Wie groß der Hype um die "Könige der Landstraße" geworden war, ließ sich Mitte der Siebzigerjahre ausgerechnet im Moloch New York beobachten. Menschen, die mit Fernfahrern so viel am Hut haben wie ein Sumo-Ringer mit Balletttanz, liefen plötzlich mit kariertem Flanellhemd und Trucker-Schirmmütze herum.
Hollywood produzierte Filme über die "Rebellen" am Steuer, jene Ikonen der Männlichkeit, die auf den endlosen Highways des Landes scheinbar den Traum von Freiheit vorlebten. Und im fernen Deutschland gründete sich eine Countryband mit dem wundersamen Namen Truck Stop, die den "wilden, wilden Westen" und den Liebreiz von Asphaltwegen besang. Nie war der Beruf des Truckers so populär wie damals. Und nie so unpopulär wie heute.
Verkettung glücklicher und unglücklicher Umstände
Den USA, wo auch 2018 noch 70 Prozent aller Waren auf der Straße transportiert werden, gehen die Fernfahrer aus. 500 000 von ihnen sind immer noch zwischen Boston und Los Angeles, Chicago und New Orleans unterwegs, 50 000 weitere jedoch werden gesucht. In acht Jahren, sagt der Transportverband ATA, könnten gar 174 000 Trucker fehlen. Der Mangel gefährdet nicht nur die Konjunktur, er lässt auch einen weiteren jener Mythen zerbröseln, die das Land einst groß machten.
Die schwierige Lage ist einer Verkettung glücklicher und unglücklicher Umstände geschuldet, die den Spediteuren gleich doppelt Kopfzerbrechen bereitet. Wegen des Wirtschaftsbooms können sie sich vor Aufträgen kaum retten, zugleich gehen immer mehr Fahrer in Rente und immer weniger Menschen auf Jobsuche. Dabei gilt der Beruf gerade unter jungen Menschen ohnehin als höchst unattraktiv: Wer Lkw fährt, ist oft von zu Hause weg, zudem ist ständig irgendwo zu lesen, dass Trucker schon bald vom Kollegen Selbstfahrer abgelöst werden. Und als sei das alles nicht genug, hat die US-Regierung die Höchstfahrzeit jüngst auch noch auf elf Stunden pro Tag begrenzt.
Höhere Löhne - höhere Preise
Um dem Problem entgegenzuwirken, haben viele Fuhrunternehmer die Löhne ihrer Fernfahrer zuletzt um zehn, 15, manchmal 20 Prozent erhöht. Jahresgehälter zwischen 60 000 und 80 000 Dollar sind seither keine Seltenheit mehr. Auch Boni und Erholungszeiten sind üppiger geworden. Die höheren Kosten geben die Spediteure einfach weiter, weshalb Großkunden wie der Versandriese Amazon oder der Landmaschinenhersteller John Deere bereits ihrerseits die Preise erhöht haben. Die Leidtragenden sind am Ende die Kunden.
Doch trotz aller Anreize ist kaum anzunehmen, dass der Trucker je wieder in Mode kommt. Nicht einmal fürs Kino taugt er noch: Wenn heute in einem Film Lkw auftauchen, dann meist als verkappte Außerirdische, die sich binnen Sekunden in martialische Kampfmaschinen verwandeln können. Ikonen sind längst andere: Wäre Tom Hanks 30 Jahre jünger, hätte er 1971 vielleicht die Rolle des David Mann in Steven Spielbergs Lkw-Thriller "Duell" gespielt - stattdessen mimte er zuletzt den Chef eines allmächtigen Internetkonzerns. Und Truck Stop? Die gibt es zwar noch, als romantischere Bezeichnung für Lkw-Rastplätze setzte sich der Bandname in Deutschland aber nie durch. Stattdessen heißt es weiter höchst profan: Autohof.