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DDR-Verkehrsgeschichte: Kraftverkehr testet Giga-Liner
hettstedt/eisleben - Die Giga-Liner, die derzeit auf einigen festgelegten Strecken in Europa erprobt werden, sind keine neue Erfindung. Diese Großraum-Laster gab es schon einmal - vor genau 30 Jahren. Erfunden wurden die Lkw mit vergrößertem Ladevolumen im Mansfelder Land. Die Kraftfahrerbrigade „Martin Brosowski“ vom VEB Kraftverkehr Eisleben hatte im Mai 1984 einen Verbesserungsvorschlag bei der Betriebsleitung eingereicht. Die Idee: An einen Lastwagen mit Planenaufbau sollte im Fernverkehr noch ein zweiter Anhänger angekoppelt ...
Von jörg reiber
16.09.2014, 17:52
Die Giga-Liner, die derzeit auf einigen festgelegten Strecken in Europa erprobt werden, sind keine neue Erfindung. Diese Großraum-Laster gab es schon einmal - vor genau 30 Jahren. Erfunden wurden die Lkw mit vergrößertem Ladevolumen im Mansfelder Land. Die Kraftfahrerbrigade „Martin Brosowski“ vom VEB Kraftverkehr Eisleben hatte im Mai 1984 einen Verbesserungsvorschlag bei der Betriebsleitung eingereicht. Die Idee: An einen Lastwagen mit Planenaufbau sollte im Fernverkehr noch ein zweiter Anhänger angekoppelt werden.
Die Erinnerung daran kam mehr durch einen Zufall jüngst bei einem Treffen von Kraftfahrern des ehemaligen Kraftverkehrs ins Bewusstsein der einstigen Kollegen. Während sie im Hettstedter „Waldcafe“ über die Fernfahrerromantik in vergangenen Zeiten philosophierten, reichten einige von ihnen ein Brigadetagebuch herum. Darin waren auch die Neuerervorschläge eines Fahrerkollektivs detailliert aufgeführt und sogar bebildert. Beim Durchblättern des Buches stießen die ehemaligen Fernfahrer dann auf einen fotografierten Liaz (tschechischer Lkw) mit zwei Anhängern. Die Bilder wurden während der ersten Testfahrt in die Sowjetunion von den beiden Fahrern Seifert und Köhler gemacht. Mehr als 4 000 Kilometer hat der Lastzug damals zurückgelegt. Dabei wurden zehn Liter auf 100 Kilometer mehr an Kraftstoff verbraucht als bei einem normalen Lastzug mit nur einem Anhänger. Dafür wuchs das Ladevolumen um die Hälfte. Wie es zu dieser Testfahrt kam und welche Hürden dafür im Vorfeld zu nehmen waren, wusste allerdings von den Versammelten niemand so genau.
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„Der Vorschlag wurde dann auch tatsächlich für längere Zeit umgesetzt“, erinnert sich Gisela Feuerberg. Sie war früher Disponentin beim Kraftverkehr in der Lutherstadt. „Diese Ur-Giga-Liner sind auch auf Strecken bis nach West-Berlin eingesetzt worden“, weiß Feuerberg noch. Es soll dann aber Probleme mit der Straßenbelastung auf den deutschen Strecken gegeben haben. „Aber der Test klappte und lief eine ganze Zeit“, sagte die ehemalige Disponentin.
Auf den osteuropäischen Strecken soll es derlei Probleme aber nicht gegeben haben, erinnern sich andere Fernfahrer. Dort hatte man mit ganz anderen Nöten zu kämpfen. Dieter Hartkäse war früher in ganz Europa unterwegs und hat zum Beispiel noch gut eine Tour von Eisleben nach Südfrankreich und dann weiter nach Moskau vor Augen. Damals hatte er mit seinem Kollegen insgesamt 18 Tonnen Parfum in der Provence (Frankreich) abgeholt und nach Russland gebracht. Dort musste dann allerdings die gesamte Ladung vernichtet werden. „Es war Winter und bei der klirrenden Kälte ist uns das ganze Parfum einfach eingefroren“, erinnert er sich. Der heute 73-Jährige ist noch bis vor fünf Jahren im Fernverkehr gefahren.
„Es war manchmal ein harter Job, aber trotzdem mein Traumberuf“, sagt er noch heute. Sie hätten wirklich gut verdient, es gab keinen Termindruck und auch kein Telefon unterwegs. „Die meisten von uns hatten auch zu Hause keinen Telefonanschluss. So wussten unsere Familien manchmal wochenlang nicht, was mit uns ist“, erzählt er. Dafür war er schon zu DDR-Zeiten oft in Westeuropa unterwegs. Dort bleiben wollte er aber nie. „Ich habe gesehen, wie es dort wirklich zugeht und meine Familie war ja hier“, sagt Hartkäse. Die Familienbindung sei damals sogar noch wichtiger gewesen, als das richtige Parteibuch.
Dennoch konnte man sich damals nicht einfach als Fernfahrer bewerben, sondern musste sich im Güternahverkehr oder als Busfahrer erst einmal beweisen, weiß er noch. „Man musste auch mindestens 28 Jahre alt sein, um international fahren zu dürfen“, erinnert sich Hartkäse. Nach der Wende vor 25 Jahren änderte sich dann alles schlagartig. „Die Kollegialität unter den Fahrern blieb auf der Strecke. Bis dahin gab es ja keine konkurrierende Unternehmen“, sagt er.