L-60, Getriebe- Gruppenschaltung: Störungen und die Beseitigung
Allgemeine Hinweise:
Das Thema L-60 Getriebe, speziell die “Gruppenschaltung” wurde auf den LKW Treffen oft diskutiert. Die Gesprächspartner waren mit ihren Lösungsvorschlägen zwar sehr oft, aber nicht immer einer Meinung.
Ab dem Auslieferungsjahr1989 gab es die verbesserten L-60 Getriebe-Ausführungen.
Beim L-60 Getriebe ist der Schaltvorgang von der 1. in die 2. Gruppe mit einem leichten “klack-Geräusch” behaftet, das ist normal und somit unbedenklich. Ein leichtes Geräusch gehört beim Druckluft unterstützten Schaltvorgang von der 1. in die 2 .Gruppe einfach dazu. Das “normale Geräusch” sollten wir also “akzeptieren”.
Berichtet werden soll über die “kritischen Geräusche” und über “Schaltstörungen” an der L-60 Gruppenschaltung mit der Diagnose, Verschleiss an den Gleitsteinen sowie Wege zur Störungsbeseitigung.
Technische Details und Ursachenermittlung:
Die Störung beginnt erst mit dem erschwerten Schalten von Gängen innerhalb der 2. Gruppe, speziell mit dem 8. Gang. So fängt es meistens an.
Der Auslöser für das stärker werdende Geräusch und das erschwerte Schalten von einer Gruppe zur anderen sowie der Beginn von Schaltschwierigkeiten innerhalb der 2. Gruppe ist der zunehmende Verschleiss der Gleitsteine in der Gruppenschaltung. Die Grupenschaltung besitzt ein kleines separates Gehäuse und ist auf das Getriebe aufgeschraubt. Die Sache mit dem Verschleiss der Gleitsteine steigert sich mit der Zeit und kann bis zur Schaltblockade führen, d. h. es lässt sich dann gar kein Gang mehr schalten und der LKW ist nicht mehr fahrbereit.
Im ersten Moment klingt es unglaubwürdig, doch es ist Fakt.
>>>Die Probleme an der Gruppenschaltung beginnen oft mit “Störungen an der Kupplung”<<< Eine nicht sauber trennende Kupplung ist der Auslöser dieser Probleme. Der “schleichende Verschleiss” an den Gleitsteinen und der Schaltklaue (in der Gruppenschaltung) ist somit die Folgereaktion. Dieser Verschleissprozess zieht sich über einen sehr langen Zeitraum hin und wurde in der Vergangenheit (im LKW Berufsalltag) durch einen laufenden Fahrerwechsel unterstützt. Mehrere Werkstattmeister waren der Meinung, dass man auf einen L-60 früher nur einen Stammfahrer setzten sollte. Der L-60 war dann auf den Strassen unterwegs und selten in der Werkstatt. Sofern ein ständiger Fahrerwechsel stattfand, häuften sich die Werkstattbesuche und die Fahrer kritisierten den L-60. Was schlussfolgern wir daraus???
Anfangs wollte ich nicht an die Möglichkeit einer verbogenen Schaltklaue in der Gruppenschaltung glauben und dachte das sind Märchen, doch im “Extremfall kann” auch das vorkommen. Ein weiterer Aspekt sind die inzwischen über 20 Jahre alten Druckluft Flexschläuche, die zur Gruppenschaltung führen. Die sorgen neuerdings wegen Undichtigkeiten für weiteres Störpotential. Hier ist es schon zu Schaltschwierigkeiten gekommen. Die Flexschläuche sollten generell erneuert werden (auch gleich die 2 zum Verteilergetriebe). Der Materialverschleiss an den Gleitsteinen tritt erst später, als eine Folgeerscheinung auf. Der L-60 galt damals als ein moderner LKW und er verlangte ein höheres Mass an Wartung und Pflege als ein W-50. Das wollten früher und wollen auch heute nicht “alle” Kraftfahrer einsehen. Statt dessen wurde die L-60 Technik von den nicht so erfahrenen Kraftfahrern in ein schlechtes Licht gerückt.
Störungsbeseitigung:
Wird das Schaltgeräusch beim Schaltvorgang von Gruppe 1 zu 2 “deutlich stärker” bekommt man ein “Gruppenschaltproblem”, d. h. die Gleitsteine der Getriebe-Gruppenschaltung müssen erneuert werden. Die L-60 Profis kennen das und meinen, es ist nicht so dramatisch wie es oft geschildert wird.
Werkstattfachleute sagen zwischen 30.000 bis 50.000 Fahrkilometern tritt beim L-60 genau dieses Problem mit den verschlissenen Gleitsteinen auf, die dann zu erneuern sind. Einige Schlosser reparieren die Sache ohne Getriebeausbau (z.B. beim Kipper). Es ist jedoch besser, das gesamte Getriebe mit Verteilergetriebe (als 1 Block) auszubauen.
Einige Schrauber machten Vorschläge die Aluminium Gleitsteine durch das härtere Material Messing zu ersetzen. Bei den Vorschlägen ist es auch geblieben. Hier hätte man nur den Verschleiss an eine andere “nicht gewollte Stelle” delegiert. Nur zur Info, neue Aluminium Gleitsteine vom IFA Ersatzteillager aus Ludwigsfelde (2 Stück: 24,- Euro) halten auch wieder ca. 50.000 km, oder länger. Ein kundiger Schlosser repariert die Sache relativ schnell u. ohne grosse Kosten in der LKW- Garage.
Wenn ein L-60 eine hohe Kilometerlaufleistung aufzuweisen hat bzw. im früheren Berufsalltag als Kies-Kipper mit Anhänger im Kurzstreckenbetrieb gelaufen ist (d. h. viele Schaltvorgänge) und die Gleitsteine schon öfter gewechselt wurden, aber bisher noch keine Getriebe Generalreparatur erfolgte, dann ist es “empfehlenswert”, bei erneuter Gleitsteinreparatur, auch das Getriebe einer Genaralreparatur zu unterziehen. Ich denke hier an eine Laufleistung weit oberhalb von 250.000 km, bzw. vorher, wenn akute Getriebeprobleme das erfordern. Man beachte, dann gibt es aber auch deutliche Hinweise aus dem Getriebe, dass eine Generalreparatur zwingend erforderlich wird, z. B. starke Getriebegräusche und jede Menge “Metallspäne im Getriebeöl”.
Die Generalreparatur ist etwas für Fachleute, da Anfänger hier schnell an ihre Grenzen stossen. Das Studium der Reparaturanleitung ist nicht für jeden Schrauber ausreichend.
In einer Fachwerkstatt entstehen Lohn/Materialkosten bis zu 4.000,- Euro. Ein werksneues Austauschgetriebe (incl. Altteilabgabe) ist für ca. 2.000,- Euro zu haben.
Aktuelles Praxisbeispiel (hier Gleitstein- u. Getriebe Generalreparatur):
Ein L-60 Kommunal-Kfz. (NVA), mit einer Laufleistung von nur 55.000 km, konnte in der 2. Gruppe keinen Gang mehr schalten.
Die Werkstattleute meinten, die Gleitsteine haben lange gehalten. Es wurden neue Gleitsteine aus Ludwigsfelde montiert. Auf “Kundenwunsch” wurde auch gleich eine “Getriebe Genaralreparatur” durchgeführt, obwohl keinerlei Metallspäne im Getriebeöl zu finden waren. Neue Schaltklaue, Schaltrad, Schaltgabeln, Synchroneinrichtung, Lager und viele weitere Teile wurden eingebaut, obwohl bei der zuvor durchgeführten Diagnose keine Schäden an diesen Getriebebauteilen vorhanden waren. Der L-60 Besitzer wollte bei der Gelegenheit unbedingt ein 100% tig überholtes Getriebe haben und hatte den Reparaturauftrag so erteilt. Mein Kommentar: Bei einem Kommunal Kfz. und dann nur 55.000 km Laufleistung, das war zwar die Gelegenheit zur Getriebe Generalreparatur, doch bei der guten Bestandsdiagnose, war dieser Reparaturumfang nicht wirklich erforderlich. In dem Fall wäre es völlig ausreichend gewesen nur die Teile der Gruppenschaltung zu erneuern. Ja, so unterschiedlich sind die Meinungen.
Vom Einbau einer Druckluftdrossel in die Druckluftleitungen der Gruppenschaltung, zwecks Abmilderung von Schaltgeräuschen, ist abzuraten. Wer es dennoch tut, schafft sich selbst für die zuvor beschriebenen Probleme.
Beim Hochschalten wäre eine leichte Geräuschreduzierung zu verzeichnen. Der Nachteil lässt aber bald grüssen, denn beim Herunterschalten entsteht eine Schaltverzögerung, die keiner haben will.
Schlussbemerkung:
Der L-60 ist ein interessanter LKW.
Man muss ihn mögen und ihn gut pflegen, dann hat man auch viel Freude daran.